Die Leberzirrhose stellt das Endstadium des Vernarbungsprozesses bei chronischen Lebererkrankungen dar. Dabei tritt zunächst ein kompensiertes Stadium der Zirrhose ein (Stadium A nach der Child-Pugh-Klassifikation), bei dem die Leberfunktion im Labor normal sind und klinische Zeichen der Dekompensation fehlen. In diesem frühen Stadium ist die Prognose der Patienten noch recht gut. Vordringliches Ziel muss die Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung (z.B. bei Virushepatitis B oder C oder Hämochromatose) sein. Bei alkoholtoxischer Leberzirrhose kann eine dauerhafte Alkoholkarenz in diesem Frühstadium zu einer erstaunlichen Stabilisierung der Erkrankung beitragen. Treten im fortgeschrittenen Child-Pugh Stadium B Zeichen der Dekompensation der Leberfunktion (Verschlechterung von Bilirubin, Albumin und Gerinnung) mit Auftreten eines Ikterus oder klinische Dekompensationszeichen (Aszites = Bauchwasser; hepatische Enzephalopathie = leberbedingte Hirnleistungseinschränkung) auf, so ist die Prognose deutlich verschlechtert. Komplikationen zeigen den Übergang einer kompensierten in eine dekompensierte Zirrhose an. Die durchschnittliche Überlebensdauer ohne Transplantation sinkt bei einer dekompensierten Zirrhose deutlich und liegt zumeist unter zwei Jahren. Spätestens bei Auftreten der typischen Zirrhosekomplikationen (Aszites, spontan-bakterielle Peritonitis, Varizenblutung, hepatische Enzephalopathie, hepatozelluläres Karzinom [HCC], hepotorenales oder -pulmonales Syndrom) sollte daher die Lebertransplantation zumindest diskutiert werden. Weitere Details zur Indikation und zur Bedeutung des sog. MELD-Scores erfahren Sie unter „Lebertransplantation“. Im Endstadium Child-Pugh C besteht eine unmittelbar lebensbedrohliche weitere Verschlechterung der Leberfunktion mit zumeist stationärer Behandlungsbedürftigkeit.
Neben der ursächlichen Therapie der Zirrhose-auslösenden Grunderkrankung besteht die Therapie im wesentlichen in der Behandlung der Zirrhosekomplikationen.
Gelbsucht (Ikterus): Eine wichtige Funktion der Leber besteht darin Abbauprodukte des roten Blutfarbstoffes (Hämoglobin) zu eliminieren. Hämoglobin ist für den Sauerstofftransport im Blut verantwortlich und wird kontinuierlich erneuert, wobei das Abbauprodukt (Bilirubin) als Bestandteil der Gallflüssigkeit ausgeschieden wird. Beim zunehmendem Leberversagen kann das Abbauprodukt Bilirubin nicht mehr ausreichend aus dem Körper eliminiert werden und sammelt sich im Körper an, wobei Augen, Haut und Gewebe sowie Körpersekrete eine gelbliche Verfärbung annehmen, die mit steigendem Bilirubinwert immer intensiver wird.
Flüssigkeitsansammlungen: Eine wichtige Aufgabe der Leber besteht darin, lebensnotwendige Proteine zu produzieren die mit dem Blutstrom zirkulieren. Eines dieser Proteine ist Albumin, welches zusammen mit anderen Proteinen dafür sorgt, freie Flüssigkeit im Blutgefäßsystem zu halten. Diese Funktion wird durch das physikalische Phänomen des onkotischen (oder osmotischen) Druckes gewährleistet. Durch den zunehmenden Funktionsverlust der Leber sinkt der Albuminspiegel im Blut ab und es kommt zu einem irreversiblen Ausstrohm von Flüssigkeit aus dem Blutgefäßsystem. Die Flüssigkeit sammelt sich in Körperhöhlen wie dem Bauchraum (dann als Aszites bezeichnet), dem Brustkorb (Hydrothorax) oder Geweben z.B. den Beinen (dann als Beinödeme bezeichnet) an. Die Flüssigkeitsansammlungen werden zunächst durch eine salzarme Diät und Verabreichung von Wassertabletten (Diuretika) behandelt.
Bei zunehmender Verschlechterung bleibt häufig jedoch nur wiederholte Entfernung der Flüssigkeit durch Punktion und Drainage von Bauchhöhle und/oder Brustkorb. In einzelnen Fällen kann durch Manipulation des Blutflusses mittels Kurzschlussverbindung durch die Leber (Transjugulärer intrahepatischer porto-systemischer Shunt – TIPSS) zur Reduktion des Druckes beitragen oder durch Implantation eines Abflusssystems (Denver-/Levine Shunt oder ALFA-Pumpe) eine Verbesserung erreicht werden. Die ALFA-Pumpe ist eine unter der Bauchhaut implantierte Aszitespumpe, die das Wasser aus dem Bauch in die Harnblase pumpt und so ohne Punktion zum Abfluss bringt. Die Implantation dieser Aszitespumpen wurde auch am Würzburger Leberzentrum bereits erfolgreich durchgeführt.
Aszites kann im Rahmen einer Stufentherapie zunächst mit Trinkmengen- und Natrium-Restriktion und bei Versagen mit Wassertabletten (Diuretika) behandelt werden. Sollte dies nicht ausreichen, um die Wasseransammlung im Bauch zu kontrollieren müssen regelmässige Aszitespunktionen vorgenommen werden. Alternativ kann eine Kurzschlussverbindung (TIPS; siehe auch separate Information) durch die Leber zur Reduktion des Druckes im vor der Leber gestauten Pfortadersystem führen und zur Reduktion des Aszites beitragen. In besonderen Situationen kann mittlerweile auch die Implantation einer Aszitespumpe diskutiert werden, die das Wasser aus dem Bauch in die Harnblase pumpt und so ohne Punktion zum Abfluss bringt. Die Implantation dieser Aszitespumpen wurde auch am Würzburger Leberzentrum bereits erfolgreich durchgeführt. Tritt eine Infektion des Aszites auf, so spricht man von einer spontan-bakteriellen Peritonitis (SBP), die mittels Antibiotika behandelt werden muss. Nicht selten kommt es im Zusammenhang mit einer SBP zur Dekompensation der Leberfunktion oder Ausbildung eines hepotorenalen Syndroms mit begleitender akuter Verschlechterung der Nierenfunktion.
Gastrointestinale Blutungen: Durch die zunehmende Vernarbung (Zirrhose) der Leber kommt es zum erhöhten Widerstand des Blutflusses durch die Leber und zu einer Zunahme des Blutdrucks im portalvenösen System (venöser Abfluss des Blutes aus dem Magen-Darm Trakt. Diese Zunahme des portalvenösen Blutdruckes führt zur Ausbildung alternativer Blutabflusswege (Umgehungskreisläufe). Kleine venöse Blutgefäße außerhalb der Leber vergrößern sich und können sich zu „fingerdicken Krampfadern“ verändern, deren Wandung aufgrund der gesteigerten Blutmenge und des erhöhten Blutdruckes sehr dünn und brüchig werden. Diese Krampfadern finden sich im Bereich des Magen-Darm Traktes, häufig entlang der Speiseröhre (Ösophagusvarizen) und des Mageneingangs (Magenantrum/-korpusvarizen) und im Bereich von Rektum und Anus (perianale Varizen). Durch die sehr dünnen Gefäßwände und den erheblichen Blutfluss in diesen Varizen kann es leicht zu lebensbedrohlichen Blutungen kommen, die unbedingt sofort im Krankenhaus behandelt werden müssen. Mit zunehmender Grösse dieser Krampfadern steigt das Risiko einer Varizenblutung, die in bis zu 50% der Fälle tödlich verläuft. Daher ist eine frühzeitige Erkennung dieser Varizen im Rahmen der Screening-Endoskopie von entscheidender Bedeutung, um rechtzeitig prophylaktische Massnahmen wie eine endoskopische Unterbindung (Ligatur) oder eine medikamentöse Betablockertherapie in die Wege zu leiten. Die endoskopischen Untersuchungen werden im Leberzentrum Würzburg zusammen mit den Kollegen des Schwerpunkt Gastroenterologie durchgeführt.
Enzephalopathie: Durch die Verschlechterung der Leberfunktion und die veränderten Blutflüsse im Bereich des Magen-Darm Traktes können Ammoniak und andere Giftstoffe nicht mehr effektiv eliminiert werden und reichern sich zunehmend im Körper an. Diese Giftstoffe bewirken eine zunehmende Beeinträchtigung der Gehirnfunktion, welche sich zunächst durch Konzentrationsschwäche und zunehmender Müdigkeit, später durch Verwirrtheitszustände bis hin zum Leberkoma äußern können. Die Therapie der Enzephalopathie besteht darin die Aufnahme von Ammoniak aus dem Magen-Darm Trakt zu minimieren. Dies wird medikamentös durch das Abführmittel Lactulose (Bifiteral) bewirkt. Eine weitere Therapie besteht in der gezielten antibiotischen Reduktion von Darmbakterien, die an der Ammoniakbildung beteiligt sind (selektive Darmdekontamination durch Rifaximin oder Neomycin).
Patienten mit Leberzirrhose haben einer erhöhtes Risiko von etwa 1-4 % pro Jahr, einen Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom [HCC]) zu entwickeln. Daher wird eine regelmässige Screening-Sonographie im Abstand von sechs Monaten empfohlen.
Sollten sich in der Behandlung Schwierigkeiten ergeben oder eine Vorstellung zur Beurteilung der Möglichkeit einer TIPS-Einlage oder Lebertransplantation gewünscht sein, so kann selbstverständlich ein Termin in unserer Leberambulanz vereinbart werden.